Mexiko 2015 Sie haben uns alles genommen, selbst unsere Angst!

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Keine andere Parole der vielen, die in den letzten Wochen auf Transparenten, Postern oder Pappschildern zu lesen waren, spiegelt das Gefühl einer großen Gruppe in der Gesellschaft besser wieder.

Es hat eine Zäsur stattgefunden. Nach den Ereignissen in Ayotzinapa, Guerrero wird immer mehr Menschen bewußt, zu welcher Barbarei dieses Konglomerat aus Macht, Verbrechen und Gewalt fähig ist. In Mexiko werden Menschen verschleppt, getötet und verbrannt. Unter den wachsamen Augen einer Regierung, die auf Zeit und Vergessen spielt, die nichts lieber tun würde, als zur Tagesordnung überzugehen.

Der Ausruf von tausenden von Demonstranten im ganzen Land ist eine Kampfansage an das herrschende System, Demokratie wollen sie es nicht nennen. Viele haben keine Angst mehr! Sie fordern Aufklärung, Gerechtigkeit!

Am Denkmal der Unabhängigkeit, dem „Angel“, forderte die Professorin und Publizistin Denise Dresser als ernstzunehmendes Zeichen der Regierung für einen Kurswechsel die sofortige Festnahme des ehemaligen Goueverneurs des Bundesstaates Mexiko, Arturo Montiel. Gegen ihn liegen mehrere Haftbefehle vor, sagte sie in einer improvisierten Ansprache.

In Guerrero erklären immer mehr Landkreise die Lokalverwaltungen wegen Inkompetenz für abgesetzt und berufen Ratsversammlungen ein. So geschehen im Badeort Acapulco, wo seit Monaten die lokale Polizei streikt, und schon längst Bundespolizei und Militär das Ruder übernommen haben.

In Michoacan erleben wir das Erstarken dubioser Warlords die gegen Selbstverteidigungsgruppen und vom Staat verdingter Kriminellen kämpfen. Der von Peña Nieto eingesetzte Gesandte hat, wie es einer der Mitglieder der Selbstschutzgruppe um Hipólito Mora beschrieb, „eine Riesenschweinerei hinterlassen“. In offiziellen Statements brüstet sich der kommisarische Sicherheitchef für Michoacan von Peñas Gnaden damit, Michoacan sei befriedet. Genau das Gegenteil geschieht. In Michoacan, in Guerrero, in ganz Mexiko.

Erinnerungen an das Märchen vom Kaiser ohner Kleider kommen auf. Das Regime hat abgewirtschaftet, moralisch, politisch und auch wirtschaftlich. Wurden früher Stimmen mit Zement und Wellblech gesichert, gibt es heute umsonst digitale Fernseher. Die Zukunft ist da. Das Fernsehen hat die Rolle des Volksempfängers weiterentwickelt. Televisa ist die Macht, Peña ihr Produkt und die PRI die Leihmutter.

Der Ausverkauf der letzten Bodenschätze hat begonnen. Als das Militär im November 2013 den Hafen Lazaro Cardenas von der Mafia zurückeroberte, lag dort Eisenerz im Wert von rund 15 Mio. US $, etwa eine Monatsproduktion, bereit zur Verschiffung. Käufer fanden sich immer, Chinesen die wenig Fragen stellten. Diese Menge stammte zumeist aus eigenen Minenoperationen.

Was aus den verschleppten Studenten geworden ist, rutschte in der Prioritätenliste des Präsidenten auf die untersten Plätze. Ein geplatzter Grossdeal mit China, der Skandal um die Immobilie seiner Frau, di Entwertung des Pesos, alles Situationen welche die volle Aufmerksamkeit des Präsidenten und seiner Riege erfordern. In alter Dinosauriermanier versucht er Skandal mit Skandal zu überdecken, verbreitet Zweckoptimismus für seine verlorene Sache und ist überhaupt wie alle anderen Volksvertreter erstmal in gutbezahlte Ferien gegangen. Am Dreikönigstag wird er zum Rapport bei Obama erwartet.

Nur ein Baron Münchhausen konnte sich am eigenen Zopf aus dem Sumpf ziehen. Der Präsident und sein Kabinett werden dies Kunststückchen nicht schaffen. Zeitenwende. Auch wenn sie nur in den Köpfen stattfindet und noch nach Ausdrucksmöglichkeiten sucht.
Der junge Mann, der in Oslo mit einer mexikanischen Flagge die Preisverleihung unterbrach, hatte eine couragierte Form des Protests gefunden. Die Abertausenden von Demonstranten, Intelektuelle und Menschenrechtsaktivisten setzen den Präsidenten unter Druck: Wo sind die 43?

Große Teile der Bevölkerung sind nicht bereit, bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Tagesordnung überzugehen. Fatal ist, daß die Regierungsspitze dies anders sieht. Ein Dialog, sofern er jemals stattgefunden hat, ist nun unterbrochen. Die Fronten zeichnen sich klarer ab. Die Eltern der Verschleppten oder ermordeten Lehramtsstudenten haben erklärt, den Protest auf eine neue Ebene zu führen. Die Regierung stellt sie in die Ecke der Unruhestifter und Unbelehrbaren, übersieht dabei, das eine weltweite Solidaritätskampagne deutlich die Stimmungslage wiedergibt.

Irgendetwas ist faul in einem Land, in dem Kapogrößen entweder regelrechten Killerkomandos der Marine zum Opfer fallen, oder wie andere lächelnd in Handschellen vorgeführt werden, nachdem sie sich ergeben haben. Studenten dagegen werden in filmreifen Aktionen von Zivilen entführt, um dann in der Zentrale für Schwerstkriminalität zur Aussage gebeten zu werden. Es fällt nicht leicht diesen Vergleich anzustellen, doch es kann von Gestapo-Methoden gesprochen werden. Es finden Hinrichtungen statt, die eilends zu „Zusammenstößen mit Kriminellen“ geschminkt werden, wie in Tlatlaya geschehen. Als begonnen wurde in der Umgebung von Iguala nach Gräbern der verschleppten Studenten zu suchen fand man so viele Massengräber Unbekannter, daß Guerrero unbestreitbar als „killing field“ bezeichnet werden kann.

Angst. Sie lähmt. Läßt uns zrückweichen. Diese Angst ist weg. Die Gesellschaft wacht aus einem langen Schlaf auf, manche sagen es werde nur fortgesetzt, was 1986 unter den Kugeln auf dem Tlateloco Platz zusammenbrach. Andere führen den Aufstand des EZLN vor genau 21 Jahren an. Viele sehen zu ersten Mal eine reale Möglichkeit das Land mit seinen traditionell korrupten Strukturen zu reformieren. Das sie dabei an ganz andere Reformen denken wie die von der Regierung beworbenen ist nicht schwer vorzustellen.

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Endlich Urlaub?

Eine arbeitsreiches Jahr liegt hinter mir. Ich brauche Urlaub, Tapetenwechsel, mal was anderes. Ich habe mir also meinen Jahresurlaub ( 27 Tage) genommen und besuche ab Morgen die schönsten Ecken Mexikos und einige sehr gute Freunde.
Ich verreise. In vier Wochen erzähle ich dann die Geschichte von Don Alejo weiter. Oder eine Anekdote von der Reise. Die Route liegt in groben Zügen fest: Guanajuato, Nayarit, Baja California Sur, Durango dann auf die Halbinsel nach Campeche, Yucatán und Quintana Roo.

Schöne Ferien!

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Die Geschichte geht weiter

Das schöne am Geschichten erzählen ist auch, dass sie niemand hören oder lesen muss. Ich erzähle hier also mal für mich weiter.

Nachdem Calderon den Feind im Staate ausgemacht hatte, began der Krieg. Er dauert bis heute an. Die Intensität schwankt. Und da eh bald wieder der ganze Rummel um den  „Dia de los muertos y difuntos“ losgeht, ziehe ich den Termin vor und bringe schon jetzt den ultimativen Video zum Fest.

Sie mögen in Frieden ruhen.

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Flammende Reden

Im Mai 2010 hielt der damalige Präsident Felipe Calderon eine flammende Rede, nachdem er den Krieg gegen die Narcos ausgerufen hatte und das Militär mit mehreren 10 Tausend Mann in Michoacan einmarschiert war. Sie war ein Eingeständnis, das grosse Teile des Staatsgebiets unter der Schattenregierung der Narcos standen. Die Grossoffensive des um Legitimität suchenden Calderon (er wurde mit weniger als 1% Vorsprung vor dem Kandidaten der Linken Kandidaten Lopez Obrador „gewählt) kam für Don Alejo reichlich spät. Bis Tamaulipas drang der Staat nicht vor. Er verstrickte sich in einen Bürgerkrieg in Michoacan.

 

 

Und  deshalb zeige ich diesesn kurzen Ausschnitt, denn die Geschichte von Don Alejo hat ganz direkt etwas damit zu tun. Und der Krieg gegen die Kartelle began. Über 70.000 Tote, Kartellmitglieder, Polizei, Miliär, unbeteiligte Bürger, Journalisten, Politiker, ein Strom von Blut breitete sich in Michoacan aus, in Guerrero, Nuevo León, Tamaulipas. wo eigentlich nicht. Der Krieg war wie jeder Krieg. Brutal, verlogen schrecklich.

 

 

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Der Tag als „Don Alejo“ starb

Die Geschichte, die ich hier erzähle, hat sich so, wie es in Wikipedia seit 2010 bearbeitet wurde wohl zugetragen.

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Don Alejo, eigentlich als Alejo Garza Tamez 1933 geboren und getauft, war ein 77 jähriger ranchero, er jagte gern, hielt Vieh, bebaute etwas Land. Er war Holzhändler, kümmerte sich um sein Federvieh. Am Abend des 13. Novembers 2010 rollte ein Kommando vor seinen Hof.

Zetas. Sie gaben ihm 24 Stunden um sein Rancho zu verlassen. Don Alejo gab seinen Leuten den nächsten Tage frei.

Als das Militär ankam, fanden die Soldaten sieben leblose Körper.

Vier Zetas waren tot, zwei schwer verwundet, besinnungslos.

Im Haus lag Don Alejo.

Er wurde durch Granaten getötet. Neben ihm zwei Waffen.

Schlaft gut! Morgen erzähle ich euch die Geschichte weiter.

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Apple Remembering Robin Williams

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42a edición del Festival Internacional Cervantino

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Immer noch unter dem Eindruck

der doch beachtenswerten Vorstellung der mexikanischen Elf bei dieser Weltmeisterschaft, und noch leicht benommen vom triumphalen Titelgewinn der Heimatmannschaft, finde ich mich nur langsam in der mexikanischen Realwelt wieder.

Die Energiereform wurde durchgeboxt, wer auf die Matte geht und wer gewinnt wird sich bald zeigen. Die Subvention für Kleinverbraucher wurde zunächst ersatzlos gestrichen, nun solle die Subventionen „bedarfsgerecht“ auf Antrag gewährt werden. Ein Blick auf meine Stromrechnung bringt erstaunliches zu Tage:

mi_recibo_de_luzDa habe ich als Kleinverbraucher für 153 KWh nur 123,98 Mx$. Die Produktionskosten belaufen sich auf 698,19 Mx$. Die Differenz (574,21Mx$) zahlt der Staat. Noch. Ich falle (Selbstangabe) nicht in den Kreis der Subventionsbedürftigen und frage mich, mit wie viel mexikanisches Pesos die nächste Stromrechnung zu Buche schlagen wird. Von wegen Energiereform, niedrigerer Energiepreise und anderer Versprechungen aus den Nebeln der Macht.

Die Präsenz bundesrepublikanischer Ratio  warnt indessen die Reisenden in dieses Land:

Im Bundesstaat Michoacán können bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Bürgerwehren, Angehörigen der Organisierten Kriminalität und Sicherheitskräften noch immer nicht ausgeschlossen werden. Von nicht zwingend notwendigen Reisen in die Region Tierra Caliente und ländliche Gebiete im Bundesstaat Michoacán wird daher dringend abgeraten.

Auch in der Innenstadt von Acapulco kommt es immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, vor allem durch Gruppierungen der organisierten Kriminalität. Von der Benutzung der Küstenstrecke zwischen Acapulco (Guerrero) und Puerto Vallarta (Jalisco) wird dringend abgeraten.

Von nicht notwendigen Reisen in den Bundesstaat Tamaulipas wird ebenfalls abgeraten.

In Mexiko-Stadt, aber auch an andern Orten kommt es regelmäßig zu Demonstrationen und Protestaktionen, die gelegentlich von Gewalt begleitet sind. Meiden Sie Kundgebungen jeder Art.

Wo sie Recht haben, haben sie Recht. Küstenstrassen sind in der Regenzeit sowieso eine heikle Angelegenheit. Und Demos sind für Touristen auch kein Ort der Zerstreuung.

Gewalt, und damit schliesse ich die trübe, regenzeitlich verfasste kleine Lagebetrachtung, gibt´s nicht nur hier. Sie scheint zu grassieren, überall auf der Welt.

Und füge noch einen Gerüaschschnipsel bei. Der Solist spielt Klarinette.

Und dann kam noch der Camote Wagen vorbei:

So, das reicht jetzt auch. Fenster zu.

Bis morgen.

P.S.

Das Röhren nach dem Pfeifen ist nicht der Camote Wagen. Der ist handgeschoben.

 

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Geschafft. Habemus Weltmeister

Der neue Weltmeister steht fest. Das Turnier ist zu Ende.
So.
Schauen wir uns nochmal das Tor an.

 

Das erzeugte Wir-Gefühl drücke ich mal so aus:

wir_rasen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Alles klar also auf dem grünen Rasen, aber sonst?

Die harsche, blutige und unbequeme Realität beginnt für viele in ein paar Stunden. Bis Morgen dann.

 

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Parque México, Condesa. Drohnenflug

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